Montag, 7. April 2008

Anleitung: Wie man einen Skandal zustande bringt

Beim Lesen eines Kommentares (gestern von Storch) überkam mich die Inspiration, diese Anleitung zu schreiben. Ich kann nichts dafür, dass mir dauernd solche Sachen einfallen, es passiert mir einfach. Dass ich sie dann nicht für mich behalte, das ist allerdings wirklich mir anzulasten...

Also, hier die Anleitung:

1. Man nehme eine Wahrheit.

Storch liest mich, nach eigenem Bekunden, aber er liest nicht Thomas Mann. Nicht mal für Geld. Höchstens für sehr viel Geld ließe er sich eventuell dazu veranlassen, auch Thomas Mann zu lesen.

2. Man äußere sich zu diese Wahrheit

Ich erkläre hiermit öffentlich: »Ich bin für meinen Blog-Leser populärer als Thomas Mann.«

3. Man mache daraus eine Skandalschlagzeile:

BILD berichtet: »Berliner Schmierfink hält sich für besser als Nobelpreisträger Mann.« FOCUS schreibt: »Unbekannter Autor behauptet, lesernswerter als Thomas Mann zu sein.« Marcel Reich-Ranicki giftet in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN: »Wer ist dieser Gernegroß, der sich für so wichtig hält, dass unser größter deutscher Schriftsteller dagegen verblassen würde?«

4. Man kann das nicht mehr aufhalten.

Egal, was ich jetzt in Interviews, Erklärungen, Richtigstellungen oder gar Entschuldigungen (wofür eigentlich?) sagen oder schreiben würde: Ich könnte nie wieder den Ruf loswerden, dass ich mich für besser / lesenswerter / wichtiger als Thomas Mann halte.
Es würde genug Journalisten und Kommentatoren geben, die immer wieder die gleiche Suppe aufwärmen. Man ist in Deutschland allzu bereit, sich offenkundig zum Bösen zu bekennen, solange es so aussieht, als wollte diesem die Geschichte recht geben.

Alles nur erfunden?

Hanebüchener Unfug? Von wegen. In den 60ger Jahren ist das schon mal exemplarisch vorgeführt worden. Da hatte John Lennon (richtigerweise) gesagt, dass bei den britischen Jugendlichen, die mehr über die Beatles wussten als über die Bibel, die Beatles populärer als Jesus seien. Das wuchs sich einige Monate später in Amerika zum Religionskrieg gegen die Popmusik aus, mit Scheiterhaufen und allem Drum und Dran. (Die älteren Semester erinnern sich bestimmt, die jüngeren können hier nachlesen: The Dark Side of Beatlemania.)

Alles kalter Kaffee von Vorgestern? Von wegen. Ist letztes Jahr in Deutschland erneut exemplarisch vorgeführt worden, Opfer war Eva Herman. Diesmal keine Scheiterhaufen, aber ein Berufsverbot, was natürlich niemand aussprechen würde.

Wir lernen aus diesem lehrreichen Blogbeitrag:

Es kommt im Leben darauf an, wer eine Wahrheit ausspricht. In gewissem Munde wird auch die Wahrheit zur Lüge.

P.S.: Lieber Storch, falls Du bis hierher gelesen hast, hast Du ohne Bezahlung auch Thomas Mann gelesen. Ich habe nämlich heimtückisch zwei Zitate von ihm in den obigen Zeilen untergebracht. Ätsch!