Mittwoch, 23. April 2008

Wozu? Dazu!

Einheit der Gemeinde Jesu Christi - ein oft und an vielen Orten diskutiertes Thema. Ob man es nun Ökumene nennt oder interkonfessionellen Dialog. Wie man sie erreicht, was ihr im Wege steht... - alles mögliche wird untersucht. Das ist auch gut so. Aber eine interessante Frage wird eher selten gestellt: Wozu eigentlich?
Damit wir uns besser fühlen? Damit wir uns auf die Schultern klopfen können? Ist die Einheit das Ziel oder ist sie das Mittel zum Zweck?
Aber nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben, damit sie alle eins seien, wie du, Vater, in mir und ich in dir, dass auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.
Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, dass sie eins seien, wie wir eins sind - ich in ihnen und du in mir - dass sie in eins vollendet seien, damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast. (Johannes17, 20-23)
Es geht bei der Einheit darum, dass die Welt glaubt und erkennt. Ich habe schon häufig in Arbeitskreisen und Gruppen mitgewirkt, in denen Christen aus ganz verschiedenen Hintergründen zusammenkamen, in dem einen gemeinsamen Wunsch: »Dein Reich soll kommen!« Da sitzen dann Katholiken, Protestanten, charismatische und evangelikale, konfessionelle und freikirchliche Gläubige um einen Tisch - und sie streiten sich nicht darüber, wer in welcher dogmatischen Frage recht hat, sondern sie arbeiten gemeinsam daran, dass die Welt erkennt und dass die Welt glaubt. Trotz der dogmatischen Unterschiede. Obwohl die einen Säuglinge taufen und die anderen nicht.
Wenn der Christ neben mir die Kindertaufe für biblisch hält und ich anderer Meinung bin, dann hindert uns das nicht daran, gemeinsam Menschen mit Jesus Christus bekannt zu machen. Die Taufe rettet niemanden, dessen Herz nicht glaubt. Wenn ich in Sprachen beten kann und der Christ neben mir überzeugt ist, die Geistesgaben wären ausgestorben, dann hindert uns das nicht daran, gemeinsam für die Verlorenen zu beten. Auch das Sprachengebet rettet niemanden, dessen Herz nicht glaubt.

Es geht nicht darum, wer Recht hat. Es geht darum, dass die Welt erkennt und glaubt, dass Jesus Christus für unsere Sünden gestorben ist. Es geht darum, dass wir als Christen bei aller Verschiedenartigkeit eins werden, um ein glaubwürdiges Zeugnis für die Welt sein zu können. Einheit der Christen ist nie das Ziel. Sie ist der Weg zum Ziel. Das Ziel ist, dass die Welt erkennt, dass Gott Jesus Christus gesandt hat, weil Gott die Menschen liebt. Und dass die Welt glaubt, dass Gott Jesus Christus gesandt hat.

Und wie geht das? Sicher nicht, wenn die Christen in ihren Schlupfwinkeln eins werden. Damit fängt es an, aber das bemerkt ja noch keiner.
Es geht auch nicht, wenn sie die Menschen dann anpredigen: »Schaut mal, wie wunderbar eins wir geworden sind. Nun bekehrt euch gefälligst...«
Die Welt wird etwas sehen, bemerken, erkennen - und deshalb wird sie glauben. Siehe oben das Zitat aus Johannes 17.

Sichtbar für Gläubige und Ungläubige wird Einheit zum Beispiel ganz konkret wieder am 1. Mai 2008 in Berlin. Da eröffnet zum fünften Mal ein Gottesdienst das MyFest, und dieser Gottesdienst wird nicht von einer bestimmten Kirche oder Gemeinde gestaltet, sondern von »den Christen«. Das wird wahrgenommen, das wird anerkannt. Und nicht zuletzt hat es Auswirkungen auf die Stadt. Ganz konkrete, handfeste Auswirkungen:

Rund 20 Jahre gehörten erhebliche Sachschäden und zahlreiche Verletzte zum Maifeiertag in Berlin, als könne es gar nicht anders sein. Doch dann fingen die Christen in Berlin (und andernorts) an, gezielt zu beten und zu handeln.
Vieles wurde möglich, was wir uns kaum vorgestellt hatten: Am 1. Mai 2004 gab es den ersten Open-Air-Gottesdienst als Auftakt der Maifeierlichkeiten, 2005 wurde dieser erneut durchgeführt. Aus den anfangs ernüchternden Erfahrungen entstanden kreative Modelle des Gebets auf den Straßen und in Räumen an den Brennpunkten der Gewalt. 2004 war schon eine deutliche Besserung der Lage sichtbar, und nach dem 1. Mai 2005 meldeten die Medien dann den »friedlichsten 1. Mai seit 20 Jahren«. Das »Ritual der Gewalt«, so die Presse, »ist gebrochen«. Es gab keine nennenswerten Verletzungen und nur einen einzigen Sachschaden, ein weit vom MyFest entfernt umgestürztes Auto. Auch 2006 ging die Gewalt am 1. Mai weiter bis auf wenige Reste zurück. Und 2007 - da war außer ein paar über ein Lagerfeuer auf der Straßenmitte springenden angetrunkenen Jugendlichen nichts mehr zu finden, was den Kamerateams von Presse und Fernsehen als Bildmaterial für die sogenannte Randale taugen konnte. Sachschaden: Ein auf der Straße verbrannter Müllcontainer und sein Inhalt.

Die Gebetsteams, die den ganzen Tag und die Nacht vor Ort unterwegs waren, berichteten über zahlreiche unmittelbar sichtbare Gebetserhörungen bei brenzligen Situationen. Die Polizeitaktik (es wurde gezielt dafür und für den verantwortlichen Senator Körting gebetet) wurde - entsprechend der Berufung Berlins - zum Exportartikel: Verantwortliche aus Tschechien und Frankreich kamen, um von Berlin zu lernen.

Auch dieses Jahr sind die Christen da, wo es früher Randale, Gewalt und Zerstörung gab: Am 1. Mai 2008, Open-air-Gottesdienst und Gebetsaktionen, das Motto dieses Jahr: »Tag der Hoffnung«. Beginn 11:30 Uhr auf der Bühne am Heinrichplatz.

Da ist sie, und da gehört sie hin, die Einheit der Christen - handfest, begreifbar, sichtbar - mitten in der Stadt.
Das bemerkt dann auch die säkulare Presse, zum Beispiel letztes Jahr die Berliner Morgenpost: Der Bericht 2007. Mehr zum Thema 1. Mai in Berlin und drum herum aus den letzten Jahren: »Die Christen« auf dem MyFest // On duty 2 //Eine Stadt ändert sich - sichtbar!