Samstag, 10. Januar 2009

Paul Auster: Man in the Dark

I am alone in the dark, turning the world around in my head as I struggle through another bout of insomnia, another white night in the great American wilderness.
Paul Auster erzählt in diesem Buch zwei Versionen Amerikas. Das eine ist das uns vertraute, im Krieg mit dem Irak befindliche. Im anderen Amerika steht das World Trade Center noch, aber auch dort wird gekämpft und gestorben: Die Föderalisten unter George W. Bush führen einen blutigen Bürgerkrieg gegen unabhängige Bundesstaaten. Owen Brick, unversehens vom uns geläufigen Amerika in jenes andere geraten, soll nun wiederum im vertrauten Amerika den ihm gänzlich unbekannten Urheber des Bösen umbringen, damit das Grauen des Krieges ein Ende hat.

Klingt kompliziert? Ja. Das macht neben Paul Austers gewohnt hervorragender Ausdrucksfähigkeit den Reiz dieses Romans aus. Der Leser braucht eine Weile, um sich in diesen Welten zurecht zu finden und wird immer wieder aufs Glatteis geführt, etwas für wahr zu halten, was sich jedoch nur der titelgebende, an Insomnia leidende, vom Tod der Ehefrau schwer Geschlagene ausdenkt. Ausdenken muss, denn wie könnte und warum sollte er seinen Gedanken Zügel anlegen?
No, I haven't forgotten. The cough sent me spinning into another zone, but I'm back now, and Brick is still with me. Through thick and thin, in spite of that dismal excursion into the past, but how to stop the mind from charging off wherever it wants to go? The mind has a mind of its own.
Der Gedanke, der dem Roman zugrunde liegt, ist nicht neu. Er ist so alt wie die Literatur. Es ist das Spiel mit der parallelen Existenz, den unendlich vielen Ebenen:
There's no single reality, Corporal. There are many realities. There's no single world. There are many worlds, and they all run parallel to one another, worlds and anti-worlds, and each world is dreamed or imagined or written by someone in another world. Each world is the creation of mind.
Diese Welten zu vermischen, ineinander fließen zu lassen, das habe ich in meinen Erzählungen auch schon häufig - mehr oder weniger gelungen - unternommen. Paul Auster vermag es makellos und billant. Sein Buch fesselt von den ersten Sätzen bis zum Schluss:
Yes, Dad, she says, studying her daughter with a worried look in her eyes, the weird world rolls on.
Mein Fazit: Uneingeschränkt lesenswert. Ein gänzlich gelungener Roman, der keinen Augenblick langweilt. Hervorragend erzählt, originell und beängstigend, weil der Leser womöglich die »worried eyes« der Tochter beim Blick in den Spiegel an sich selbst entdecken wird. Die Welt ist »weird« und Paul Auster macht uns meisterhaft darauf aufmerksam, dass wir mitten in ihr leben.
Lediglich das Fehlen von Anführungszeichen bei wörtlicher Rede irritiert und stört den Lesefluss recht erheblich. Ich hoffe, dass dies nicht zum Normalfall in der Literatur wird...

Das Buch gibt es zum Beispiel hier bei Amazon: Man in the Dark






Meine treuen Blogbesucher runzeln die Stirn und murmeln: »Und nun? Da fehlt doch noch ein Satz?«

Genau. Hier kommt er: Inwieweit die deutsche Übersetzung gelungen ist, vermag ich nicht zu beurteilen, da ich das Original gelesen habe.

Na also.