Mittwoch, 2. Juni 2010

MRR zum 90sten herzliche Glückwünsche!

Foto: WikipediaVor knapp zwei Jahren zeigte er bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises seine Empörung über das ihm zugemutete Programm, indem er die Auszeichnung ablehnte. »Ich nehme den Preis nicht an«, polterte Marcel Reich-Ranicki. Selbst der Routinier Thomas Gottschalk war einige Momente sprachlos.

Heute wird der Literaturkritiker, der mit seiner Frau Tosia 1943 aus dem Warschauer Getto flüchtete und im Untergrund überlebte, 90 Jahre alt.

Am 6. Juni wird sich zeigen, wie er auf eine weitere geplante Ehrung live im Fernsehen reagiert. Bei der Veranstaltung in der Frankfurter Paulskirche wird Harald Schmidt Brecht-Lieder singen, der Publizist Henryk M. Broder und FAZ-Mitherausgeber Frank Schirrmacher wollen eine Ansprache halten - ebenso wie Thomas Gottschalk, den seit der legendären Fernsehpreis-Gala in Köln eine Freundschaft mit Reich-Ranicki verbindet..

Reich-Ranicki kann auch versöhnlich auf andere zugehen: Mit Günter Grass und Walter Jens hat er sich versöhnt. 1995 verriss Reich-Ranicki Grass' Roman »Ein weites Feld«. Der Literaturnobelpreisträger nahm ihm die Kritik persönlich übel; jahrelang herrschte Funkstille - doch schließlich sprachen sie sich aus. Den Streit mit dem Rhetorik-Professor Jens beendete Reich-Ranicki 2004. Die langjährigen Freunde hatten sich nach der Wiedervereinigung Anfang der 90er Jahre gezankt und etliche Jahre unversöhnlich gezeigt. 

Versöhnt: MRR und GG »Literatur ist mein Leben«, sagte Reich-Ranicki einmal. Hellmuth Karasek, der in den Jahren des »Literarischen Quartett« stets dabei war, beschrieb ihn so: »Er hat nur einen Glauben, den an die Überlebenskraft der Literatur und Kultur. Dieser Glaube ist frei von falschen Illusionen, aber er ist schön und stark.«

Ich habe Marcel Reich-Ranickis Buch »Mein Leben« viele bewegende, mitreißende und horizonterweiternde Lesestunden zu verdanken. Aufgrund seiner Kritiken - durchaus auch bei Verrissen - habe ich manch gutes Buch gefunden. Noch immer schreibt er für die FAZ seine Kolumne, auf die ich mich Woche für Woche freue. Hoffentlich bleibt es noch lange dabei.

Herzlichen Glückwunsch, Marcel Reich-Ranicki!