Donnerstag, 26. Mai 2011

Das H-Wort

Etwas abgewandelt hat es diese kleine Episode aus dem August 2008 in den Roman »Sabrinas Geheimnis« geschafft. Hier noch einmal der Originalbeitrag, wie er auf diesem Blog zu lesen war:

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Kürzlich verabredete ich mich wieder mal mit einer leibhaftigen Verlagsinhaberin. Besagter Dame gehört nicht nur ein Verlag, sie ist auch eine langjährige Freundin und Mitstreiterin bei manchen großen und kleinen Projekten in den vergangenen Jahren. Außerdem ist sie klüger als ich, was sich durch die folgende kleine Episode zweifelsfrei belegen lässt.
Im Verlauf der Planung unseres Treffens kam eine E-Mail aus dem Verlag, in der es hieß:

...aber falls es einen Hauch später wird, melde ich mich bei dir, wenn du mir deine Handynr. gibst...
Meine Antwort ließ nur etwa zwei Minuten auf sich warten:
...da ich das Unwort mit dem »H« am Anfang ablehne, kann ich dir höchstens meine Mobiltelefonnummer geben. Alles andere wäre wider jegliches Sprachgefühl...
Darauf antwortete flugs die Verlegerin:
...wobei mobil ja auch ein Fremdwort ist... Du meinst also die Nummer (ist das auch ein Fremdwort?) deines beweglichen Fernsprechers. ...
Nun war der Sprachpolizist in mir hellwach. Besagte Freundin ist eine ganz hervorragende Übersetzerin aus dem Englischen, daher musste ich nicht lange um den Brei herumreden:
...aber das Unwort mit H ist eben kein Fremdwort, sondern ein völlig missglückter Versuch eines Anglizismus.
Du weißt ja: »To come handy« gibt es, oder »Handyman«... das Wort hat nichts, aber auch gar nichts mit einem technischen Gerät oder gar dem Telefon zu tun. Und als Substantiv ist es völlig unbekannt. Wenn Du einem Englänger oder Amerikaner oder sonstigen Weltbürger etwas bezüglich Deines mobilen Telefones erzählen möchtest und das Unwort mit dem H gebrauchst, hält man dich bestenfalls für sprachunkundig, vermutlich aber einfach für strohdumm...
Siehste.
:-)
Anyway, call my cell or my cell phone or my mobile or my mobile phone in case you're late on Monday. Have a nice weekend!
Günter der Sprachwächter...
Die Verlegerin ist klüger als ich, denn es heißt ja im Volksmund sinngemäß: »Die Klügere gibt nach.« Sie schrieb:
...na wunderbar - und wo de recht hast, haste recht!
Quod erat demonstrandum.
P.S.: Ein Freund hat mich bei einem Glas Bier (oder waren es zwei?) kürzlich aufgeklärt, dass das böse H-Wort aus dem Schwäbischen stammt. Falls die geneigten Blogbesucher Interesse an der historischen Wahrheit bekunden, könnte ich das Geheimnis lüften...
P.P.S.: Das Bild stammt vom Umschlag eines Romans, den ich mit nicht geringer Spannung und durchaus reichhaltigem Vergnügen (in Englischer Sprache natürlich) gelesen habe.

… … …

Und so klingt das in »Sabrinas Geheimnis«:

… … …

Nico warf mir einen prüfenden und deutlich schuldbewussten Blick zu, bei dem ich lachen musste. »Ist schon gut, mein Junge«, beruhigte ich ihn, »unter den gegebenen Umständen habe ich das Unwort überhört.«

»Was für ein Unwort?«, fragte Schlachter.

Sabrina kicherte und erklärte: »Handy. Das ist das Unwort. In Rolands Gegenwart ist nur Mobiltelefon, mobiles Telefon, zur Not noch Cellphone oder Cell zulässig.«

»Aber das ist doch auch Englisch?«

Nun schaltete ich mich doch ein. »Eben. Cell ist englisch, Cellphone auch. Aber das Unwort nicht. Ein Handyman ist ein Knecht, ein Gehilfe. Wenn etwas handy ist, dann heißt das, dass es gelegen kommt. Aber als Substantiv gibt es den Begriff nicht, oder es gab ihn nicht, bis irgendwelche deutschen Sprachverächter meinten, dem Mobiltelefon einen modischen Begriff verpassen zu müssen. Leider hat es das Unwort inzwischen sogar in den Duden geschafft.«

»Darf ich jetzt weiter erzählen? Den Sprachunterricht könnt ihr ja später abhalten«, meinte Nico.

Natürlich durfte er. Handy hin, Mobiltelefon her.

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