Samstag, 4. Mai 2013

Vom Betteln, Schnorren und einem echten Wunder

Es ist unter frommen Zeitgenossen häufig besonders in der Mode, zu betteln und zu schnorren, wenn Rechnungen nicht bezahlt werden können. Der auf mich schon jeher sehr gespenstisch wirkende amerikanische Fernsehprediger Benny Hinn braucht aktuell mal wieder 5 Millionen Dollar, um seine Firma (die er natürlich »Dienst« nennt) aus dem Schuldenloch zu holen. Gott selbst hat dem Vernehmen nach Herrn Hinn über einen Dritten erklärt, wie das etwas kompliziert angelegte »Wunder« funktionieren soll:

Gott hat es mir aufs Herz gelegt, einen Samen von 2,5 Millionen Dollar in deinen Dienst zu pflanzen. Aber Gott will, dass ich diese Gabe nur dann gebe, wenn die »Partner deines Dienstes« (also die Anhänger von Herrn Hinn) die Summe innerhalb von 90 Tagen verdoppeln. Ich bin so überzeugt, dass Gott sie zum Bestandteil der übernatürlichen Reichtumsübertragung machen will, die dann auf jeden Gläubigen herabkommen wird, der dem Wort Gottes gehorcht,

soll ein nicht genannter Mensch erklärt haben. (Quelle)

Der Trick ist ganz einfach, auch wenn du nicht 5 Millionen, sondern nur – sagen wir 20.000 Euro brauchst. Erkläre den Christen, dass nicht etwa du Geld ausgegeben hast, das du noch gar nicht verdient hattest, sondern dass Gott ihr Geld haben will, damit er ein Wunder tun kann. Oft wird dann noch eine biblische Geschichte hinzugefügt, zum Beispiel dass die Witwe, die ihr letztes Öl und Mehl spendete, von Gott belohnt wurde. Wer würde es da wagen, sich dem göttlichen Wunderwirken in den Weg zu stellen, indem er eine großzügige Spende verweigert?

Ich zum Beispiel.

Wer Herrn Hinn aus dem Millionenloch helfen möchte, der möge es gerne tun. Ich nicht. Auch anderen, ähnlichen Schnorrern gedenke ich so lange nicht finanziell unter die Arme zu greifen, wie sie mir weismachen wollen, ich könne »Teil eines göttlichen Wunders« werden, wenn ich mein Geld locker mache.

Money! Geld! Her damit!Klar ist, dass alles, wohltätige oder religiöse Aktivitäten eingeschlossen, Geld kostet. Jede Freikirche, jede Moschee, jedes christliche oder humanitäre oder buddhistische Werk muss Spenden sammeln, um überhaupt die Arbeit tun zu können, die man sich jeweils vorgenommen hat. Daran ist absolut nichts auszusetzen. Ob Kleiderspenden für die Stadtmission oder eine Kollekte für die Gemeindearbeit, Schulmaterialien für Kinder aus armem Elternhaus oder Notunterkünfte für Obdachlose … das alles kostet Geld und es ist keine Schande, um Spenden zu bitten (solange sich nicht jemand die privaten Taschen damit füllt).

Es ist auch keine Schande, Freunde und Bekannte um Hilfe zu ersuchen, wenn man im Privatleben finanziellen Schiffbruch erlitten hat. Ob nun verschuldet oder nicht – es kann passieren und manche Freunde helfen gerne, soweit sie es können. Aber das ist dann kein Wunder und Gott hat absolut nichts damit zu tun, egal ob der Schuldner fromm ist oder nicht. Das ist ausschließlich guter Wille und Hilfsbereitschaft von Menschen.

Ein echtes finanzielles Wunder habe ich persönlich erlebt, und das ging so: Wir waren vor etlichen Jahren so verschuldet, dass wir Mühe hatten, überhaupt noch ausreichend Essen auf den Tisch zu bringen. Das finanzielle Unheil war zum Teil selbst angerichtet, zum Teil hatten wir auch keinen Einfluss auf die Entwicklungen gehabt, die zur Notlage führten. Unser finanzielles Leid klagten wir im Gebet unserem Gott. Nicht irgendwelchen Menschen, schon gar nicht öffentlich. Es wäre uns auch nicht in den Sinn gekommen, göttliche Belohnung für diejenigen zu versprechen, die uns etwas spenden.

Wir arbeiteten und sparten stattdessen, so gut und so viel wir konnten. Allerdings reichte unsere Arbeit und Mühe nicht, um an der Misere wirklich etwas grundlegend zu ändern. Und siehe da: Gott schickte uns eine Person, die unsere Schuldenlast buchstäblich auf die eigenen Schultern nahm und bis zum letzten Cent bezahlte. Ohne Gegenleistung. Einfach so. Und das auch noch, ohne dass wir die Person überhaupt um Geld gebeten hatten.

Das ist inzwischen Jahre her – aber das nenne ich noch heute ein Wunder.

.