Dienstag, 20. März 2018

Lukas! (Teil 1)

Voraussichtlich im Mai oder Juni, geschätzte Blogbesucher, könnte ich eines der Projekte fertig haben, an denen ich arbeite. Der Arbeitstitel lautet »Lukas!« – und worum es gehen soll, wird aus dem einleitenden Kapitel deutlich. Das sieht so aus:

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Liebe Leserin und lieber Leser,

bekanntlich haben es schon viele unternommen, einen Bericht über ganz bestimmte Begebenheiten, die sich vor rund zweitausend Jahren in Judäa und ringsum ereignet haben, abzufassen. Ein gewisser Lukas zum Beispiel, der sich viel Mühe mit seiner Zusammenfassung all dessen gegeben hat, was zu seiner Zeit von denjenigen überliefert war, die von Anfang an Augenzeugen gewesen waren.

Den Texten ist im Lauf der Jahrhunderte manches angetan worden: Im Mittelalter hat man den ersten Teil des Berichtes in 24 Kapitel, den zweiten in 28 Kapitel und jedes der Kapitel wiederum in nummerierte Sätze aufgeteilt. Das hat den Text so zerstückelt, dass das Lesen schwer und das Verstehen noch schwieriger wurde. Nun gut, vielleicht war das nicht so schlimm, da sowieso nur wenige Menschen lesen konnten oder eigene Bücher besaßen. Es wurde eher vorgelesen.

Soweit man weiß, schrieb Lukas seine Berichte etwa um das Jahr 80 nach Christus. Er soll Grieche gewesen und durch einen Mann namens Paulus, von dem im zweiten Teil des Buches viel die Rede sein wird, mit dem »neuen Weg« des Jesus aus Nazareth in Berührung gekommen sein. Was es mit Jesus und seinen Begleitern auf sich hatte, schildert Lukas aus zweiter oder dritter Hand im ersten Teil dieses Buches; er war ja kein Augenzeuge, hat allerdings, schreibt er in seinem Bericht, noch einige der Personen kennengelernt, die Jesus aus Nazareth begegnet waren.

Der Text des Lukas als Handschrift liegt aus der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts in griechischer Sprache vor. Die ältesten heute noch erhaltenen Fragmente von Abschriften der Aufzeichnungen stammen aus der Zeitspanne 175 bis 225 nach Christus. Es ist für mich nicht nur denkbar, sondern sehr wahrscheinlich, dass diese Abschriften nicht mehr dem Original aus der Feder des Lukas entsprechen. Über die Jahrhunderte wurden sicher Passagen weggelassen, ergänzt oder ungenau überliefert. Anders kann ich mir solche Abschnitte wie die Begebenheit um Ananias und Saphira nicht erklären. Die Episode passt weder zum Generaltenor der Geschichte, die Lukas erzählt, noch zu dem Bild, das er darin von Gott zeichnet. Im Gegenteil. Die Episode widerspricht einigen Prinzipien, die – Lukas zufolge – Jesus aus Nazareth gelehrt hat. Aber mit fragwürdigen Passagen muss man bei solch alten Texten angesichts der jahrhundertelangen Überlieferung leben.

Ich bin bei meinem Projekt, diese alte Geschichte in einer den heutigen Lesegewohnheiten entsprechenden Sprache zu erzählen, inhaltlich beim Text von Lukas (beziehungsweise der heute verfügbaren Versionen) geblieben. Wo mir das unumgänglich schien, habe ich erklärende Worte im Anhang hinzugefügt. Über Abschnitte wie den von Ananias und Saphira, liebe Leser, gehen Sie dann so achselzuckend wie ich hinweg. Die Geschichte, die Lukas erzählt hat, ist und bleibt dessen ungeachtet spannend. Da ich kein Griechisch kann, habe ich mich überwiegend auf die Übersetzung des Textes von Hermann Menge verlassen. »Im engen Anschluss an den biblischen Urtext, aber ohne in ängstlicher Weise am Buchstaben zu kleben« – das ist laut der Deutschen Bibelgesellschaft in Stuttgart ihre Stärke.

Ich erzähle die Geschichte so, wie Lukas sie heute berichten würde, wenn er in unserer Zeit und Gesellschaft zu Hause wäre. Zumindest stelle ich mir vor, dass er so schreiben könnte oder würde. Stammbäume und Abstammungslisten, die uns heute und hier nichts sagen, habe ich aus dem Text herausgelassen (und in den Anhang verschoben). Es ist für Leser in unserem Kulturkreis, glaube ich, uninteressant, dass Zacharias ein Priester »aus der Abteilung des Abijas« war oder dass seine Frau Elisabeth »von den Töchtern Aarons« abstammte. Wir kennen weder Aaron noch Abijas noch ihre geschichtliche Rolle. Wer auf solche Details Wert legt, sollte zu einer klassischen Bibel greifen. Ich habe auch die mittelalterliche Zersplitterung der Erzählung in Kapitel und Verse rückgängig gemacht. Wer theologisch debattieren und forschen möchte, ist mit meinem Buch nicht gut beraten. Dafür gibt es theologische Seminare und Studienbibeln in ausreichender Auswahl.

Bei manchen Begriffen und Vorstellungen muss ich meine geschätzten Leser darum bitten, damalige Denkweisen und Überzeugungen (mehr oder weniger billigend) in Kauf zu nehmen, auch wenn wir sie heute nicht so ausgeprägt oder gar nicht mehr teilen. Es wird zum Beispiel von »Sündern« und von »bösen Geistern« die Rede sein. Wenn ich versucht hätte, solche Formulierungen zu umschreiben oder zu ersetzen, hätte ich dem Text des Lukas Gewalt antun müssen. Lukas hat solche Passagen mit innerer Überzeugung verfasst – gemäß seiner Kenntnisse. Das Leiden eines kranken Jungen beispielsweise ist für uns anhand der geschilderten Symptome als Epilepsie erkennbar. Lukas schrieb die Krämpfe einem »bösen Geist« zu. Ich bleibe seiner Erzählung an solchen Stellen treu. Falls Sie überzeugt sind, dass es etwas aus der Vorstellungswelt des Lukas nicht gibt, dann empfehle ich: Lesen Sie die entsprechenden Abschnitte wie eine Erzählung, beispielsweise von Stephen King. Wenn im Abwassersystem einer Kleinstadt etwas (oder jemand?) sein Unwesen treibt, dessen einziger Daseinszweck darin besteht, die Kinder der Stadt auf Nimmerwiedersehen in die Kanäle hinab zu locken … dann lesen Sie ja auch gerne weiter, ohne das Buch beiseite zu legen. Oder rufen Sie etwa entrüstet: »Ein Clown in der Kanalisation, der gar kein Clown ist? Das lese ich nicht!«

Zurück zum Lukas. Wie genau seine Darstellungen sind, sei dahingestellt. Niemand hatte seinerzeit einen Stenogrammblock oder gar ein elektronisches Gerät zum Aufnehmen der Gespräche und Ansprachen bei sich. Niemand hat fotografiert oder gefilmt. Ob der Wortlaut der zahlreichen wörtlichen Reden jeweils authentisch ist oder ausgeschmückt wurde, soll uns, liebe Leser, nicht weiter bekümmern. Lukas hielt es für richtig, auch dort wörtliche Rede einzusetzen, wo weder er selbst noch sonst jemand Ohrenzeuge gewesen sein kann (außer den direkt Beteiligten), zum Beispiel wenn ein Engel namens Gabriel unter vier Augen mit einem jungen Mädchen redet. Das Mädchen mag sich gemerkt haben, was der unerwartete Besucher zu sagen hatte … aber wer hat den Wortlaut überliefert, so dass Lukas ihn rund 110 Jahre später notieren konnte?

Liebe Leser, genug der Vorrede. Ob Sie nun zum ersten Mal lesen, was es mit Jesus aus Nazareth und seinen Nachfolgern auf sich hatte oder ob sie »alte Hasen« sind – ich wünsche Ihnen spannende Stunden auf dem Weg von einem kleinen jüdischen Dorf ins große Rom.

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Fortsetzung? Bittesehr, hier entlang: [Teil 2].

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Ich werde den Text, während er entsteht, hier meinen Blogbesuchern vorstellen und hoffe auf hilfreiche Hinweise und Kommentare. Wer nicht hinweisen und kommentieren mag, darf gleichfalls gerne lesen und verfolgen, ob und wie mir die Arbeit von der Hand gegen wird.

P.S.: Bild (gemeinfrei) von Morguefile.

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